lustwandeln
für Flaneure und Landstreicher
Szenarien eines Spaziergangs
gestaltet und herausgegeben von Irmgard Sonnen
144 Seiten, 90 Abb.
Düsseldorf 2021
EUR 26.-
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l u s t w a n d e l n  
Ein erstes Eräugnis ist das wunderbare Blau im Vorsatz, eine Fläche die zur
Initiation taugt. Sie ist eine Einladung zum Eintauchen in eine besondere Sichtweise
einer Gangart, die Raum schafft, obwohl ihr oft unterstellt wird, dass sie Zeit nimmt:
das Flanieren.

Das brilliant gestaltete Buch der emeritierten Professorin für Editorial Design Irmgard
Sonnen ist eine Reise an ausgewählte Orte ihrer zahlreichen Touren. Ästhetische und
spektakuläre Photographien werden assoziiert mit Zitaten philosophischer Couleur
sowie kurzen Informationen zum jeweiligen Ort. Eine Mixtur, die auf vielen Ebenen in
Resonanz mit dem Rezipienten geht, die an die persönlichen Erfahrungen der Lesen-
den, Schauenden andockt. Ein Schwingen in Leichtigkeit. Denn die Beschreibung des
Besonderen hat weiche Ränder, man kann sich als Leser einlassen. Eigenes findet
Raum.
Mit diesem Buch schmerzt das Fernweh nicht. Der Sehnsucht nach Wahrnehmung in
Ruhe und Bedacht wird Rechnung getragen. Lesen und betrachten - ein eleganter
Touch Down in Inspiration.

Ortsprünge. Zeitsprünge. Durchlässigkeit. Facetten der Wahrnehmung öffnen sich,
werden Neuland im Kopf. Etwas Neues entsteht zwischen Texten und Bildern, Geist
und Sinnlichkeit. Räume zum Verweilen. Zulassen. Einlassen. Lassen. Reisen ist eine
Übung, für alles, was wesentlich war, ist und wird – und sein könnte, für Wünsche.
Die Ästhetik des Flanierens scheint die edelste Gangart, sie entdeckt Grundsätzliches
im Beiläufigen. Neugier heißt die treue Begleiterin. Alles kommt und geht, auch in
diesem Buch. Auf leichte Art, luftig, mit weichem Schuhwerk, unangestrengt, dennoch
mit Tiefe und Höhe. In alle Himmelsrichtungen.

Als ich Kind war, hing eine Weltkarte in meinem Zimmer. Mit kleinen Papierfähnchen
an Stecknadeln, konnte man Orte markieren, konnte sich weitdenken, ausfliegen.
Dieses Welt- und Weitwerden erlebt man auch mit diesem Buch. Es ist spielerisch.
Wenn man mag, flaniert man ohne die Verbindlichkeit einer Reihenfolge. Dann landet
man im Zufall, nimmt etwas mit und weht sich zum nächsten Ort. Nektar ist dieses
Buch – gerade jetzt, in der erlebten Enge dieser Zeit. Seine Gestaltung ist leicht und
stark, eine zeitlose Begleitung in Schönheit. Es ist eine Einladung den Blick zu teilen
und zu erweitern, die man immer wieder gerne und neu annehmen kann.
Aus Gründen der besseren Lesbarkeit verwende ich hier das generische Maskulinum.
Dies impliziert immer alle Formen und schließt alle Leser*innen ein.

Elke Bludau, Neuss

Designer sind – ähnlich wie Architekten - Allrounder. Dieses Fotoalbum der Reisen
einer emeritierten Professorin für Editorial Design ist Dreierlei: es ist ein Kompen-
dium klug ausgewählter Texte zum Thema Flanieren, ein Musterbeispiel an wunder-
barer Gestaltung und ein erfreuliches Coffee-Table-Buch zum gemütlichen Reisen
im heimischen Sessel. Besser noch: auf dem Nachttisch. Denn heute wandern wir vor
dem Einschlafen durch den Hohen Atlas, und lesen: »Jeder Spaziergang erzählt eine
unterschiedliche Geschichte, jeder öffnet ein völlig neues Reich, das auf jeweils
andere Weise bewohnt und verwunschen ist.« Wir können die Quelle, wenn wir
wollen, hinten im Buch nachschlagen und - ebenfalls wenn wir wollen - den Ort in
einer feinen grauen Schrift erklärt finden. Morgen schlagen wir eine beliebige andere
Doppelseite auf und träumen danach, dass wir in Lanzarote spazierengehen.
Und freuen uns schon darauf, wo es übermorgen hingeht....
Inge Sauer, Büro für Kulturprojekte, Düsseldorf


Zunächst sieht man vor allem Fotos: Landschaft, Architektur, viele Detailaufnahmen,
Fern- und Nahsicht - ab und zu ein wandernder Fuß auf unterschiedlichem Grund.
Den Fotos sieht man die sorgfältige bildnerische Gestaltung an, sie vermitteln
unterschiedliche, meist meditative Stimmungen und laden zu beschaulicher
Betrachtung ein. Vielleicht fragt man sich, wo solche Ausblicke zu finden sind.
Beginnt man mit den größer gesetzten Texten, finden sich ganz eigenständige
Aussagen, Zitate unterschiedlicher Autoren, die auf philosophisch-psychologische
und poetische Weise das Unterwegssein des Menschen in der Welt in vielen Varia-
tionen thematisieren. Diese Texte verlangen Nach-Denken und Haltung und stehen
im Dialog zu den Fotografien. »Der Gehende fühlt sich frei. Er kann seine Weg
selbst wählen« (Tomas Espedal) ist auf der Rückseite des Buches zu lesen. Wer
sich auf die sorgsam ausgewählten Texte einlässt, darf mit erheblicher Lust beim
»Wandeln« rechnen.
Marcelle Lenzen, Grevenbroich

lustwandeln
Der Titel »lustwandeln«, zunächst vielleicht historisch poetisch anmutend, lässt sich
doch mit dem Blick in dieses Buch wunderbar aus seiner ursprünglichen Bedeutung
heraus weiterdenken. So kann er auch meinen »sich verändern, zu etwas – oder
jemand - anderem werden, im Fluss sein, sich weiterentwickeln« zu wollen. Eine
andere Perspektive einnehmen, die Welt durch ihre, Irmgard Sonnen’s, Augen sehen -
sogar der Blick an sich herunter gleicht nicht mehr dem eigenen. Es ist die
Möglichkeit der Fotografie, sich einer anderen Person zu nähern durch das von ihr
festgehaltene Bild. Und was es mit sich bringt, ist vielleicht die Gelassenheit schon
irgendwie da gewesen zu sein an dem gezeigten Ort, oder den Drang, Dinge selbst
zu sehen, dem Bild nachzureisen, um es zu ergänzen.
 
Irmgard Sonnen stellt in ihrem neu erschienenen Buch, Fotografien ihrer vielen
Reisen in Kontext mit philosophischen Gedanken von z.B. Susan Sontag oder Walter
Benjamin zur Fotografie, der Lust am Wandern/Wandeln und über das Land- und
Stadtleben. Dieses Gegenüber von Text und Bild richtet den Blick nach Innen, oder
schärft ihn auf das Dargestellte. 

Vielleicht entdeckt man beim nächsten Spaziergang durch die Stadt Formen und
Perspektiven, die man bisher immer »verpasste«.
Man könnte behaupten »Lustwandeln« erscheint genau im richtigen Moment: das
Buch zeigt, wie viel mehr ein scheinbar nebensächliches Spazieren sein kann in einer
Zeit, in der uns immer wieder nicht viel mehr bleibt als vor unsere Tür zu treten und
loszulaufen.
Marie Mick, M.A., Köln